Interview mit Christina Duftner und Christian Dejaco

1. Der „Bildgebungsarbeitskreis“ wurde 2011 ins Leben gerufen. Könnt Ihr mit uns teilen, wie es damals dazu gekommen ist?

Christian: Ins Leben gerufen wurde der Arbeitskreis durch den damaligen Leiter der Wissenschaftlichen Sektion, Prof. Michael Schirmer. Der Arbeitskreis wurde in Folge über viele Jahre von Prof. Klaus Machold geleitet. Christina und ich waren seit unserer Ausbildungszeit zum Internisten vom Ultraschall begeistert und haben uns gleich bereit erklärt, im Arbeitskreis Bildgebung mitzuarbeiten. Damals wurde der Ultraschall noch von vielen Rheumatologinnen und Rheumatologen sehr skeptisch gesehen. Die Qualität der verfügbaren Geräte war deutlich schlechter als heute und es gab noch wenig wissenschaftliche Daten, sodass man den Wert dieser Untersuchung für die tägliche Praxis schwer einschätzen konnte. Diese Unsicherheiten waren damals ein wesentlicher Grund für die Gründung des Arbeitskreises.

 

2. Welche Ziele verfolgt der Arbeitskreis? Wie können sich Kolleginnen und Kollegen diesen vorstellen, welche Themen werden darin bearbeitet?
Christina: Das Ziel des Arbeitskreises ist die Förderung der Implementation des rheumatologischen Ultraschalls in den klinischen Alltag. Wir richten alljährlich Kurse aus, in denen Kolleginnen und Kollegen die Grundfertigkeiten dieser Untersuchungstechnik erlernen können. Die Kurse verfolgen das 3-stufige Ausbildungskonzept der EULAR (Grund-, Aufbau- sowie Fortgeschritten Kurs). Zusätzlich werden Refresher- oder auch „Master-Class“ Kurse angeboten, welche zur Festigung und weiteren Vertiefung der bereits erworbenen Kenntnisse dienen. Natürlich befassen wir uns auch mit der Anwendung von anderen bildgebenden Techniken und deren diagnostische Wertigkeit in der Rheumatologie. Hierzu ist zu erwähnen, dass Mitglieder des Arbeitskreises maßgeblich an der Entwicklung von nationalen und internationalen Empfehlungen in diesem Bereich (z.B. Anwendung der verschiedenen bildgebenden Techniken bei der Spondyloarthritis oder auch Großgefäßvaskulitis) beteiligt waren.

 

3. Was waren die größten Errungenschaften des Arbeitskreises in den letzten Jahren?
Christian: Die größte Errungenschaft war es, Kolleginnen und Kollegen für den rheumatologischen Ultraschall zu begeistern. Es ist dem Arbeitskreis glaube ich gelungen, viele davon zu überzeugen, dass der Ultraschall das „Stethoskop“ der Rheumatologin / des Rheumatologen sein sollte. Es war und ist ein erklärtes Ziel des Arbeitskreises, die Ausbildung und Qualität im Bereich des Ultraschalls in der Rheumatologie zu verbessern. Neben der bereits erwähnten regelmäßigen Ausrichtung von Ultraschallkursen, wurde das ÖGR-Ausbildungscurriculum beschlossen, und die Ultraschalluntersuchung wurde in das Rasterzeugnis der Rheumatologie aufgenommen. Die vielleicht wichtigste Errungenschaft, nämlich die Ausverhandlung einer Position für die Erstattung des rheumatologischen Ultraschalls wurde von Kollegen (Dr. Rudolf Puchner und Dr. Herwig Pieringer für Oberösterreich und Dr. Horst Just für Kärnten) erreicht, welche nicht direkt dem Arbeitskreis angehören, diesen aber stets unterstützten.

 

4. Wagen wir einen Blick in die Zukunft: Welche Rolle wird die Bildgebung in 10 Jahren in der Rheumatologie spielen? Was sind die zukünftigen Ziele des Arbeitskreises?
Christina: Die Bildgebung ist schon jetzt aus der Rheumatologie nicht mehr wegzudenken. Es ist zu erwarten, dass uns aufgrund des raschen technischen Fortschritts in Zukunft Techniken mit noch höherer Auflösung zur Verfügung stehen werden. Auch die Fusion verschiedener Bildgebungsmethoden wird in Zukunft vielleicht eine noch größere Rolle spielen, wodurch wir nicht nur die Bildgebung mit klinischer Beschwerdesymptomatik noch besser korrelieren können, sondern auch neue Erkenntnisse über die Pathophysiologie chronisch entzündlich-rheumatischer Erkrankung erlangen können. Es ist auch zu erwarten, dass in Zukunft minimal invasive Eingriffe häufiger Bildgebungs-gesteuert durchgeführt werden (z.B. Sonographie-gesteuerte Spaltung des Retinaculum flexorum bei Karpaltunnelsyndrom), sodass sich für die Rheumatologie und andere Fachbereiche neue Aufgaben eröffnen. Die wesentlichen Aufgaben und Ziele des Arbeitskreises werden aber auch noch in 10 Jahren die Förderung der Ausbildung und die Implementation der diversen Bildgebungstechniken im klinisch-rheumatologischen Alltag sein.

Position IR1 „Rheumatologischer Gelenkultraschall“ in Oberösterreich und Kärnten

Dem rheumatologischen Verhandlungsteam PD Dr. Herwig Pieringer und PD Dr. Rudolf Puchner ist es mit großem Engagement gelungen, in Oberösterreich ab 01.04. 2020 eine Verrechnungsposition für den rheumatologischen Ultraschall mit den Kostenträgern (Österreichische Gesundheitskasse) zu etablieren. Denselben Erfolg konnte Dr. Horst Just in Kärnten erzielen.

 

Herr PD Dr. Puchner, was ist der Hintergrund dieser neuen Verrechnungsposition mit der Krankenversicherung?

Rheumatologie ist ein faszinierendes Fach, das wie kaum eine andere Disziplin in der innerenMedizin in den letzten 20 Jahren eine beispiellose Entwicklung durchgemacht hat. Rheumatische Erkrankungen führten früher sehr bald zu Funktionsverlust und in weiterer Folge zu Invalidität. Mit der Entwicklung der sogenannten „Biologika“ hat sich hier ein Paradigmen-Wechsel vollzogen, wodurch heute viele Rheuma-Erkrankungen medikamentös gut kontrollierbar und in anhaltender Remission sind.

Abseits dieser beeindruckenden klinischen Erfolge ist die Rheumatologie leider noch immer ein Fach, das im derzeitigen Kassensystem im niedergelassenen Bereich nicht ausreichend abgebildet ist. Da kaum Positionen für rheumatologische Patient*innen verrechenbar sind, ist die Niederlassung für viele, vor allem junge, Kolleg*innen bis dato keine attraktive Option gewesen. Bereits 2012 ist es uns gelungen, in Oberösterreich die erste spezifisch rheumatologische Leistungsposition (10R) für die Einstellung und Überwachung von Patient*innen unter immunsuppressiver Therapie zu etablieren. Das kann man als Meilenstein in den Verhandlungen mit den Kostenträgern bezeichnen. Nun haben wir mit der Gelenks-Sonographie einen weiteren wichtigen Schritt geschafft.

 

Herr PD Dr. Puchner, was sind denn die Voraussetzungen für die Verrechnung dieser Position?

Die Position IR1 Rheumatologischer Gelenkultraschall kann nur von Fachärzt*innen für Innere Medizin mit Additivfach Rheumatologie und Fachärzt*innen für Innere Medizin und Rheumatologie verrechnet werden, die von den Kassen im Einvernehmen mit der Ärztekammer für Oberösterreich hierzu berechtigt wurden. Das Spektrum der Indikation für die Untersuchung ist klar: Diagnosestellung, Aktivitätsbeurteilung und Verlaufskontrolle
entzündlich-rheumatischer Gelenkserkrankungen, differentialdiagnostische Abklärung und natürlich auch die ultraschallgezielte Intervention bei Gelenkserkrankungen.

 

Herr PD Dr. Pieringer, gibt es auch Limits für die Verrechnung dieser Position?

Die Position IR1 ist 1x pro Tag und Patient (unabhängig von der Anzahl der untersuchten Gelenke) mit 54,95 € verrechenbar. Die Verrechenbarkeit ist mit 30% der Fälle limitiert.

 

Herr PD Dr. Pieringer, was sind die Ausbildungsvoraussetzungen von Untersucherseite?

Für diese Position wird die allgemeingültige ÖÄK Zertifikats-Richtlinie mit 300 Sonographien (wie auch für andere sonographische Techniken) angewendet. Nach der neuen Ärzteausbildungsordnung (2015) werden 300 verpflichtende Sonographien in der Ausbildungvorgeschrieben. Ein darüber hinaus gehender Nachweis ist nicht zu erbringen. Praktisch siehtdas so aus, dass die 300 Untersuchungen durch den Abteilungsleiter zu bestätigen sind. Kolleg*innen, die bereits niedergelassen sind, haben die 300 Sonographien an einer Abteilung in Supervision durchzuführen und nachzuweisen.

 

Herr Prim. Prof. Dr. Dejaco, welchen Stellenwert hat die Sonographie in der Rheumatologie?

Die Gelenkssonographie ist aus der modernen Rheumatologie nicht weg zu denken, ist sie mittlerweile doch auch Teil der Diagnosekriterien rheumatologischer Fachgesellschaften. Wie bereits erwähnt, dient sie sowohl der frühen Diagnosestellung als auch differentialdiagnostischen Abgrenzungen. Interventionen wie zB Gelenkspunktionen können Ultraschall-gezielt wesentlich eleganter und sicherer durchgeführt werden. Die Sonographie hat deswegen auch ihren festen Platz im rheumatologischen Ausbildungs-Curriculum. Die sonographische Ausbildung an den rheumatologischen Abteilungen wird durch regelmäßige EULAR / EFSUMB-zertifizierte Sonographie-Kurse unterschiedlicher Levels ergänzt und unterstützt. Ein ÖGR Diplom (welches allerdings nicht zwingend für die Verrechenbarkeit vonIR1 erforderlich ist) kann bei Nachweis von 3 Kursen und 400 selbständig durchgeführten Sonographien erlangt werden.

 

Herr PD Dr. Pieringer, auf welche Gerätekosten muss man sich da einstellen?

Grundsätzlich ist die Gelenkssonographie mit jedem Sonographiegerät, auch mit niedrigpreisigen Geräten möglich – natürlich muss man hier mit Qualitätsverlusten rechnen.
Wenn man einen Durchschnittswert aus den derzeit am Markt verfügbaren Sonographie - Geräten bildet, ist man mit 25.000-40.000€ im guten Mittelfeld. Und man muss hinzufügen, dass das Gerät ja auch für alle anderen Sonographien, die man internistisch anbietet, genutztwerden kann und wird. Die notwendige zusätzliche Schallsonde für die Untersuchung von Gelenken kostet um die 5.000,-€.

 

Herr PD Dr. Puchner, wird diese Position nur für oberösterreichische Kolleg*innen verrechenbar sein?

Die berichteten Ergebnisse gelten derzeit nur für das Bundesland Oberösterreich. In Kärnten konnte aber durch die Initiative unseres Kollegen Dr. Horst Just in Klagenfurt ein ähnliches Verhandlungsergebnis erzielt werden. Auch wenn die Verrechnungskonditionen unterschiedlich zu OÖ sind (mögliche Verrechnung mehrerer Gelenkregionen pro Tag und pro Patient mit jeweils 20€, mit einem Limit von 20% aller Fälle im Quartal), ist mit der Verankerung der Verrechnung der Sonographie in einem 2. Bundesland ein weiterer Schritt zur weiteren Erschließung anderer Bundesländer und schlussendlich zu einer flächendeckenden österreichischen Lösung gesetzt worden. Daran werden wir weiterarbeiten.

 

Herr Dr. Just, wie sieht die Situation in Kärnten aus?

Derzeit ist eine Leistungserbringung nur bei der §2 Kasse möglich. Die kleinen Kassen haben sich zudem noch nicht bereiterklärt, da hier scheinbar noch ein bundesweiter Konsens fehlt.Aber durch die Abrechnung mit der ÖGK ist zumindest ein großer Schritt in die richtige Richtung, der leistungsorientierten Abrechnung des Rheumatologen, getan worden. Es gibt hierbei noch Diskussionsbedarf hinsichtlich der Rahmenbedingungen, das heißt die Anzahl der Patienten/Quartal sowie die Verrechnung selbst.

 

Herr Dr. Just, wo ist der rheumatologische Ultraschall in Kärnten verfügbar, bzw. wann wird er in Kärnten flächendeckend zur Verfügung stehen?

Derzeit wird der Gelenksultraschall an zwei spezifizierten rheumatologischen Kassenpraxen durchgeführt, in Villach (Dr. Ausserwinkler) sowie in Klagenfurt (Dr. Just).Ein Ziel wäre sicherlich eine Erhöhung der Limits, um den Patienten schneller abzuklären undauch Sonographie-unterstützt kontrollieren zu können. Damit wäre neben der klinischen
Aussagekraft der fachärztlichen Kontrolle auch eine bildgebende Zusatzinformation gegeben.Der Gelenksultraschall sollte auf jeden Fall primär von einem Rheumatologen durchgeführt werden, da er den Ultraschall spezifisch genau einsetzen kann.

 

Herr PD Dr. Puchner, ist diese Position der Schlüssel zu einer besseren Versorgung im niedergelassenen Bereich in Österreich?

Die Sonographie – Position ist definitiv ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung. Abseits der reformierten verbesserten rheumatologischen Ausbildung muss unser Augenmerk auch darauf liegen, die Niederlassung und das ökonomische Überleben in der Ordination für Rheumatolog*innen in der Zukunft möglich zu machen und zu fördern.

 

Danke für das Gespräch!

Mitarbeiter:

Leitung: Peter Mandl (Wien)


  • Christian Dejaco (Bruneck/Graz)
  • Christina Duftner (Innsbruck)
  • Tomasso Buzzegoli (Bruneck)
  • Rusmir Husic (Graz)
  • Franz Kainberger (Wien)
  • Martin Karner (Bruneck)
  • Klaus Machold (Wien)
  • Peter Mandl (Wien)
  • Michael Schirmer (Innsbruck)
  • Claudia Schüller-Weidekamm (Wien)

Ziele

Der Fokus des Arbeitskreises „Bildgebung“ liegt in der Ausbildung und Verbreitung der Ultraschalldiagnostik im Bereich der Rheumatologie in Österreich. Neben Organisation von spezifischen Fortbildungsangeboten unterbreitet der Arbeitskreis dem Vorstand der ÖGR Vorschläge zur besseren Umsetzbarkeit der Sonographie in der täglichen Praxis.

 

Insbesondere liegen die Ziele des Arbeitskreises in folgendem:

  • Ausbildung im Bereich der Ultraschalldiagnostik im Bereich der Rheumatologie mit regelmäßiger Organisation von Ultraschallkursen und Workshops (siehe Veranstaltungskalender)
  • Regelmäßiger Erhebung der Anwendung, Ausbildung und Bedürfnisse hinsichtlich der Ultraschalldiagnostik in der Rheumatologie in Österreich
  • Kollaboration mit anderen Fachgesellschaften zur Anwendung der Ultraschalldiagnostik in der Rheumatologie
  • Umsetzung internationaler Empfehlungen zur Anwendung der Ultraschalldiagnostik in der Rheumatologie in Österreich

Bisherige Ergebnisse / Laufende Aktivitäten

  • Ultraschallkurse: In Österreich finden regelmäßig Ultraschallkurse nach internationalen Richtlinien und mit Beteiligung von internationalen Referenten statt. Zudem wird im Rahmen der ÖGR-Jahrestagung jährlich ein Refresherkurs im Bereich Bildgebung angeboten
  • Studentenförderung: Lehrveranstaltungen zum rheumatologischen Ultraschall an den Medizinischen Universitäten, Zusammenarbeit mit der Sono4You Initiative
  • Empfehlungen der Österreichischen Gesellschaft für Rheumatologie und Rehabilitation / Austrian Radiology-Rheumatology Initiative for Musculoskeletal Ultrasound zur Anwendung des Ultraschalls bei rheumatischen Erkrankungen in der klinischen Praxis
  • Bericht zur Positionierung der Sonographie in der Rheumatologie in Österreich
  • Entwicklung des Ausbildungscurriculums und ÖGR-Diplom