Zum 70-jährigen Bestehen der ÖGR bitten wir ehemalige Präsidenten der ÖGR zum Gespräch.


Teil 2 - Interview mit Prof. Winfried Graninger

Sehr geehrter Prof. Graninger,

vielen Dank, dass Sie sich dazu bereit erklärt haben Ihre persönliche Geschichte mit der ÖGR mit uns zu teilen!

 

Was waren ihre ersten Erfahrungen mit der ÖGR?


Im Jahr 1982 begann ich meine Forschungstätigkeit bei dem damaligen OA Josef Smolen an der damaligen 2. Med. Univ. Klinik in Wien und ich habe bis heute nicht aufgehört zu forschen. Die ersten Erfahrungen mit der ÖGR waren begeisternd, weil Josef Smolen mich motivieren konnte, weil er mir sehr vieles erklärt hat und weil er mich in die Forschung und die Medizin eingeführt hat. Die ÖGR war darüber hinaus auch sozial sehr wichtig, weil die Jahresversammlungen, die damals im Hotel de France stattgefunden haben, alle mit der Rheumatologie befassten Kolleginnen und Kollegen in Österreich zusammen rief und dadurch ein guter Kontakt entstand. Die ÖGR war für mich in meiner persönlichen Karriere sehr wichtig.

 

Was ist Ihnen aus der Präsidentschaft in Erinnerung geblieben?


Nach vielen Jahren, in denen ich verschiedenste Funktionen im Vorstand der ÖGR innehatte, wurde ich schließlich zum Präsidenten der Gesellschaft gewählt und konnte mich für die Verbesserung der Versorgung, der Lehre und der Forschung in der Rheumatologie einsetzen. Ich erfuhr diese Jahre als sehr zufriedenstellend und erinnere mich an viele nette internationale Kongresse.

 

Welche unterhaltsamen Geschichten der ÖGR würden sie gerne teilen?

 

Das für mich wichtigste Charakteristikum der ÖGR war eine Gruppe von gutwilligen, freundlichen, motivationsfördernden Kollegen, die vielleicht vor meiner Zeit miteinander einen strengen Diskurs untereinander anstrebten. Solange ich bei der ÖGR aktiv war, war das soziale Klima immer sehr gut und durch die verbesserten Forschungsmöglichkeiten, nach der Entdeckung der Biologika, begann die Blütezeit der Rheumatologie.

 

In den nächsten 70 Jahren wird die ÖGR eine noch validere Struktur bekommen, mit einer Betonung der Forschungsagenda und der Fördermittel in unserem Land und einer Abgrenzung zwischen den klinischen Belangen, den sozialen Bedürfnissen der Patienten und der klinischen sowie in-vitro Forschung. Durch die gute Stellung die wir in den letzten 20 – 30 Jahren auf der Welt durch die Publikationstätigkeit von Josef Smolen erhalten haben, haben wir einen sehr guten Vorschuss in Richtung forschendes Personal und ich erwarte mir hier ein weiteres Blühen dieser Disziplin.

 

 

Zum 70-jährigen Bestehen der ÖGR bitten wir ehemalige Präsidenten der ÖGR zum Gespräch.

Teil 1 - Interview mit Dr. Rudolph Puchner

Mit vielen Ideen aber auch mit großem Respekt und Demut habe ich im Spätherbst 2016 meine Präsidentschaft begonnen. Gerade als niedergelassener Rheumatologe war und ist mir die Versorgung von Patientinnen mit muskuloskelettalen Erkrankungen, eine entsprechende Wahrnehmung und Positionierung unseres Berufsstandes in der Kollegenschaft und Öffentlichkeit und vor allem die Förderung des rheumatologischen Nachwuchses ein besonderes Anliegen. Gerne erinnere ich mich auch an die gute Zusammenarbeit mit der österreichischen Rheumaliga, im Besonderen mit deren Präsidentin Frau Getraud Schaffer, die zu einem gemeinsamen Projekt führte: dem „Rheumabus on Tour“ im Herbst 2018. Gemeinsam mit ÄrztInnen unserer Gesellschaft fuhren wir 5 Tage lang durch 4 Bundesländer und informierten und berieten rund 650 Personen in Einzelgesprächen.

 

Zu unserem aufwändigsten und ambitioniertesten Projekt entwickelte sich die ÖGR- Summerschool, die erstmals im Sommer 2017 in Saalfelden, relativ äquidistant von den einzelnen Universitätsstandorten, abgehalten wurde. Unser Ziel war es, MedizinstudentInnen höherer Semester mit dem Fach Rheumatologie vertraut zu machen und den einen oder anderen für eine vertiefte Ausbildung zu begeistern. Durch die Unterstützung der Industrie konnte die Veranstaltung für die Studenten kostenlos angeboten werden. Ohne die Ideen und die Dynamik von Christian Dejaco und das strukturierte Vorgehen und Engagement von Judith Sautner hätte die Summer School nicht ins Leben gerufen werden können.

 

Gerade vor der ersten Veranstaltung waren wir nicht sicher, ob sich überhaupt genügend StudentInnen für unser Projekt interessieren würden, noch dazu in ihren Ferien. Ich erinnere mich, dass die Anmeldungen anfänglich trotz entsprechender Ankündigung an den Universitäten spärlich waren. Schließlich bewarben sich jedoch sogar mehr Studenten, als wir aus Kapazitätsgrenzen aufnehmen konnten.

 

RheumatologInnen aus ganz Österreich erklärten sich bereit, im Rahmen der Summer School den Studierenden unentgeltlich theoretische und praktische Inhalte der Rheumatologie und Rehabilitation zu vermitteln. Aus dem Rehabilitationszentrum in Saalfelden stellten sich Rheuma-PatientInnen für praktische Übungen zur Demonstration eines rheumatologischen Status, einer Gelenkssonographie oder Kapillarmikroskopie zur Verfügung. Obwohl die Studenten von 9 Uhr bis 17 Uhr mit nur kleinen Pausen unterrichtet wurden, blieb auch immer Zeit für einen morgendlichen Lauf oder eine kleine Bergtour, woran sowohl Vortragende als auch viele Studenten teilnahmen.

 

Heuer haben wir das dritte Mal die Summer School abgehalten. Das Feed-back im Sinne einer anonymen Evaluation war erfreulicherweise für jedes Jahr sehr gut. Fast alle Vortragenden haben nach der ersten Veranstaltung spontan für die folgenden Jahre ihr Kommen zugesagt.

 

Rund die Hälfte der Studenten sind unserer Einladung zur ÖGR Jahrestagung gefolgt. Bereits 2017 und 2018 konnten 9 Teilnehmer für wissenschaftliche Projekte bzw. die rheumatologische Ausbildung gewonnen werden. Dieser Erfolg freut uns alle sehr, wäre aber ohne den engagierten Einsatz aller Beteiligten inklusive unserer guten Seelen Michi Lederer und Barbara Piplits nicht möglich gewesen.

 

Darüber hinaus wurde diese Veranstaltung getragen durch die Unterstützung und die Freundschaft innerhalb des gesamten Vorstandes.

 

Rudolf Puchner

Geschichte der Österreichischen Gesellschaft für Rheumatologie und Rehabilitation

Am 09.09.1949 wurde die Österreichische Liga zur Bekämpfung des Rheumatismus in Bad Gastein gegründet. Der Initiator war Univ.-Prof.Dr. Gotsch, gemeinsam mit Univ.-Prof.Dr. S. Scheminzky (Innsbruck), OMR Dr. Zimmermann (Bad Gastein) und Dr. W. Schindler (Salzburg) im Gründungsteam.

Diese Kollegen erkannten die individuelle und sozialmedizinische Bedeutung rheumatischer Erkrankungen und strebten eine intensive konzentrierte Forschung auf diesem Gebiet an.

Der Ort der Gründung – Bad Gastein - war in einer historischen Beziehung zu balneologischen Zentren der Rheumatologie zu sehen. Frühzeitig knüpften die Gründungsmitglieder Kontakte und veranstalteten wissenschaftliche Tagungen mit Verbänden gleicher wissenschaftlicher Zielrichtungen in den Nachbarländern Schweiz, Deutschland und Italien.

Die Mitgliedschaft in der 1948 gegründeten Europäischen Rheumaliga (EULAR) wurde intensiv angestrebt und 1954 vollzogen. Für die Funktionsperiode 1967-1969 wurde der Österreicher Univ.-Prof.Dr. Gotsch zum 11. Präsidenten der EULAR gewählt.

  • 1972 wurde der Sitz der Gesellschaft nach Wien verlegt.
  • 1974 wurde die Gesellschaft in Österreichische Rheumaliga umbenannt und durch eine statutenmäßige Änderung eine enge Verbindung zum Rheumapatienten ermöglicht. Die Gesellschaft sollte damals auch als Dachorganisation für Ärzte- und Patienteninteressen fungieren.
  • 1977 feierte man das Weltjahr des Rheumatismus: rheumatische Erkrankungen wurden in der breiten Öffentlichkeit in den Vordergrund gestellt und der Begriff „Volkskrankheit Nummer 1 Rheuma“ geprägt. Univ.-Prof.Dr. R. Eberl koordinierte diese Öffentlichkeitsarbeit, veranlasste die Prägung einer eigenen Rheuma-Briefmarke, initiierte ein „Rheumaschiff“ und erhielt dafür intensive Unterstützung vom damaligen Bundespräsidenten und der Gesundheitsministerin.

    Unter der Leitung von Univ.-Prof.Dr. Günther wurden in weiterer Folge die Ludwig Boltzmann-Institute gegründet. Balneologische Maßnahmen, wie z.B. Radon- und Schwefel-Thermen sowie Radonstollen wurden als Monotherapie unter Kombination mit Medikamenten und physikalischen Therapien evaluiert.

  • Univ.-Prof.Dr. N. Thumb führte in den 1980er Jahren an der 2. Medizinischen Univ.klinik in Wien die erste Rheumaambulanz ein.
  • 1994 wurde unter Präsident Univ.Doz.Dr. K. Chlud die Rheumamedaille präsentiert, die die vier Gründungsmitglieder abbildet und von der ÖGR Personen mit besonderen Verdiensten um die Rheumatologie in Österreich als Auszeichnung verliehen wird.
  • 1994 erfolgte die Umbenennung in Österreichische Gesellschaft für Rheumatologie.
  • 1997 wurde das 10. Symposium der EULAR (European League Against Rheumatism), gleichzeitig das 50th EULAR Anniversary Symposium, in Wien ausgerichtet. Im selben Jahr wurde Univ.-Prof.Dr. J. Smolen Vorstand der Klinischen Abteilung für Rheumatologie der Universitätsklinik für Innere Medizin III mit Rheumatologie am AKH Wien und gleichzeitig zum Schatzmeister des EULAR Executive Committee gewählt.
  • 2003 wurde in Österreich ein zweites rheumatologisches Ordinariat an der klinischen Abteilung für Rheumatologie und Immunologie der Universität Graz mit Univ. Prof. Dr. W. Graninger besetzt.
  • 2004 wurde der Name der Gesellschaft ergänzt zur heute gültigen Benennung als Österreichische Gesellschaft für Rheumatologie und Rehabilitation.
  • 2005 gelang es unter der EULAR- Präsidentschaft von Univ.-Prof.Dr. J. Smolen und dem ÖGR -Vorsitz von Univ.-Doz.Dr. A. Dunky, den EULAR-Kongress neuerlich nach Wien zu holen – mit einem neuen Besucherrekord von über 10.000 Teilnehmern.

Die Österreichische Rheumaliga hatte bis 1993 in ihren Statuten auch eine sozialmedizinisch betreuende Sektion verankert mit speziellem Focus auf Patientenanliegen; ab 1991 leitete diese Sektion Univ.Doz.Dr. A. Dunky.

Auf Betreiben des Vorstandes wurde 1994 die sozialmedizinische Sektion aufgelöst und Univ.-Doz.Dr. Dunky mit der Gründung einer eigenen patientenorientierten Rheumaliga betraut, dessen erster Präsident er auch von 1994-2004 wurde. Ihm ist es zu verdanken, dass in sämtlichen Bundesländern Rheumaligen geschaffen wurden, die durch Vernetzung einen wesentlichen Beitrag zur patientennahen Betreuung leisten.

  • 1954 wurde die „Zeitschrift für Rheumatologie“ offizielles Organ der Gesellschaft
  • 1981 erfolgte die Herausgabe der 1. Auflage des Lehrbuches „Praktische Rheumatologie“ (1984 2. Auflage, 2001 4. Auflage und 2011 5. Auflage)
  • 1996 Gründung der Zeitschrift „Rheuma plus“ durch Univ.-Doz.Dr. Dunky

Eine historische Aufarbeitung der Geschichte österreichischer Rheumatologie wäre unvollständig, würde man verabsäumen zu erwähnen, dass von der Frühzeit in den 1940er Jahren des vorigen Jahrhunderts bis heute eine rege publikatorische Tätigkeit in diversen Bereichen der Rheumatologie, der Rehabilitation aber auch angrenzender Disziplinen zu verzeichnen ist, die auch im internationalen Vergleich nach wie vor beachtenswert ist.

Seit 1980 werden immer mehr spezifische rheumatologische Fortbildungen für den niedergelassenen Arzt in diversen sich entwickelnden rheumatologischen Einrichtungen wie z.B. in Baden, Bad Schallerbach, Gröbming, Laab im Walde und Saalfelden abgehalten.

Seit dem Ende der 1990er Jahre wurden zunehmend Rheumatage in mittlerweile fast allen Bundesländern eingeführt, welche bald einen wesentlichen Zulauf bei der niedergelassenen Ärzteschaft erreichten, ein Teil davon in Ärzte- u. Patienten-Tage unterteilt.

Es würde den Rahmen dieses Artikels sprengen, hier alle Kolleginnen und Kollegen zu erwähnen, die aktiv zur Etablierung rheumatologischer Fortbildungen in Österreich beigetragen und hier viel Aufbauarbeit geleistet haben. Die ÖGR möchte sich an dieser Stelle bei allen herzlich dafür bedanken, dass Rheumatologie und Rehabilitation zu einem fixen Bestandteil in der Fortbildungslandschaft unseres Landes geworden ist.


Attila Dunky für den ÖGR Vorstand


Übersicht aller bisherigen ÖGR – PräsidentInnen und ÖGR - Ehrenmitglieder